Abmoosen

Fachbeiträge über Pflanzen, Bonsai und ihre Pflege.
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Thomas
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Abmoosen

Beitrag von Thomas »

Abmoosen einer Chinesischen Ulme

Ja, auch ich habe mich von einem günstigen Angebot blenden lassen und mir per
Versandt diese Ulme zukommen lassen.

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Was auf dem Angebotsbild noch recht gut aussah, entpuppte sich, wenn man die Rückseite
des Baumes betrachtete, als der übliche Reinfall:
Ein katastrophaler Wurzelansatz mit Stelzwurzeln, zu Zöpfen geflochtenen tw. miteinander
verwachsenen Wurzeln, kurz alles das, was man bei diesen im Schnellverfahren
in China herangezogenen Pflanzen i.d.R. sieht.
Einzige Alternative, für dieses vom Stammverlauf her doch recht ansprechende Material
ist das Abmoosen.
Erster Schritt war das Festlegen einer geeigneten Abmoosstelle.
Zum besseren Arbeiten wurden alle unteren Äste, welche die Arbeit behinderten,
noch oben gebracht und mit Draht fixiert.

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Mit der Feinfräse wurde an der Abmoosstelle vorsichtig eine Nut rings um den Stamm gefräst.
Wenn nötig, kann man diese auch vorher mit Stift oder Kreide markieren.
Ebenso kann man diese Nut auch mit einem scharfen Gartenmesser schneiden.

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Die Nut wird anschließend bis ins Holz hinein vertieft.
Anschließend wird sie von Spänen gesäubert und man lässt sie antrocknen.

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In der Zwischenzeit bereitet man das Abmoosgefäß vor, in diesem Fall ein Teichpflanzkorb,
der entsprechend zugeschnitten wird.

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Die Bewurzlungsstelle wird angefeuchtet und Bewurzlungspulver (kann, muss aber nicht unbedingt sein) wird aufgebracht.

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In die Nut wird ein möglichst starker Bonsaidraht, in dem Falle 5mm-Draht, eingepasst und festgezogen.

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Moos wird an der Bewurzlungsstelle fixiert. I.d.R. nimmt man dazu handelsübliches Sphagnummoos, in dem Falle faseriges Moos aus dem Garten.

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Danach wird das Bewurzlungsgefäß angebracht und fest fixiert.
Jetzt kann Substrat aufgefüllt werden, hier reines Lava (aussieben und auswaschen!).
Je nach Baumart kann man auch Akadama, Blähschiefer, Seramis oder Mischungen
aus den Komponenten verwenden.
Ähnlich wie bei Bonsaisubstraten hat hier wohl jeder seine eigenen Erfahrungen und
Mixturen, auf die er schwört.

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Jetzt noch moderat angießen (Bewurzlungspulver soll nicht ausgeschwemmt werden!) und
die Arbeit ist vorerst beendet.

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Jetzt heißt es nur noch, die Sache feucht zu halten und geduldig zu warten, bis sich erste Wurzeln am Gefäßrand zeigen.
Damit ist frühestens in einem halben bis dreiviertel Jahr zu rechnen.
Keinesfalls sollte man vorher und überhaupt an dem Abmoosgefäß hantieren und nach Wurzeln suchen.
Das sollte frühestens nach einem Jahr geschehen.

(Fortsetzung folgt)

Weiterführende Links zum Thema Abmoosen:

http://www.bonsai-fix.de/anzucht.htm
http://www.yamadori-bonsai.de/c/05/01/02/00.htm
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Thomas
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Beitrag von Thomas »

Zweites Beispiel, eine Rotbuche vor zwei Jahren ausgegraben.

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Sie stand an einem Hang mit einem einseitigem Wurzelansatz, typischen für diese Lage.
Von der Seite sieht er gut aus,...

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von dieser Seite sieht man´s schon...

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und an der Seite gehen die Wurzeln vom Stamm steil nach unten.

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Was tun? Entweder Wurzeln anpfropfen, bzw. ablaktieren oder abmoosen.
Ich habe mich für´s Abmoosen entschieden.
Die Verfahrensweise unterscheidet sich nicht von obigen Beispiel.

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Als Gefäß diente ein aufgeschnittener Pflanzkübel.
Substrat: Akadama(Dopelbrand und Blähschiefer zu gleichen Teilen.

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Thomas
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Beitrag von Thomas »

Abmoosen – ein Jahr später

Es kommt der Tag, wo man erwartungsvoll die Bewurzlungsstelle freilegt.
In dem Falle wurden die Hoffnungen in beiden Fällen enttäuscht.
Das Positive, in beiden Fällen hatte sich kräftiges Kallusgewebe rund um den
Stamm gebildet, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewurzlung und
zugleich Zeichen dafür, dass der Baum vital und gesund ist.
Das Negative, das Kallusgewebe hat tw. den 5mm-Draht überwallt.
Durch die dadurch entstandene Verbindung der Saftbahnen oberhalb
und unterhalb der Bewurzlungsstelle, wurden seitens des Baumes seine normalen
Versorgungswege z.T. wieder hergestellt.
Der Anreiz, neue Wurzeln zu bilden, war nicht mehr gegeben.

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Also kehrte ich zur traditionellen bewährten Form der Abmoosung zurück, d.h. Entfernung
eines größeren Rindenstreifens an der Bewurzlungsstelle.
Zunächst wurde der eingelegte Draht entfernt. Teilweise musste dieser regelrecht freigeschnitten werden.
Ein Teil des neugebildeten Kallusgewebes musste dabei entfernt werden.

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Es wurde Moos dicht um die Bewurzlungsstelle gepackt.
Auf zusätzliches Substrat wurde verzichtet.

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Das Bewurzlungshormon wurde durch Vitamin B1 ersetzt, mit welchem auch das Moos getränkt wurde.

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Das Ganze wurde in Folie verpackt. Fertig!
Vorteil der Folie, man kann erkennen bzw. ertasten, wieweit die Bewurzlung fortgeschritten ist.

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Fortsetzung folgt!
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Thomas
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Re: Abmoosen

Beitrag von Thomas »

Nach gut einem dreiviertel Jahr später erlaube ich mir einen Blick auf die
Abmoosstelle und in der Tat hat sich ein stattlicher Wurzelkranz entwickelt.

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Der obere Teil wird abgesägt...

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.. und anschließend getopft.
Die Schnittstelle wurde vorher mit Baumwachs behandelt.

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Fertig !
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Thomas
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Re: Abmoosen

Beitrag von Thomas »

Und das ist draus geworden

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Ein letztes Wort zum Abmoosen.
Wie dargestellt , ist die klassische Methode, also einen breiten Rindenstreifen aufzulösen,
für mich die Beste.


Abmoosen wir gerade in diversen Forenbeitragen, also Mittel der engeren Wahl und Allheilmittel dargestellt, wen immer man es mit einem suboptimalen Nebari zu tun hat.

Ich sehe das nicht so.

Für mich ist Abmoosen ene der letzten Optionen in Fällen, wo sich für einen ansonsten guten Baum keine andere Lösung anbietet.

Je nach Art verlaufen Abmoosungen nicht immer glatt und nicht nicht selten hat man eine einseitige Bewurzliung mit Lücken als Egebnis.
Ein weiterer Grund ist, dass man einem Baum durch die ringförmige Kallusbildung nach Jahre und Jahrzehnte ansieht, dass er abgemoost wurde.
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