Ich möchte euch meine Erfahrungen mit der Aufzucht des Afrikanischen Blauregens mitteilen. Da ich selbst verzweifelt auf Fehlersuche war und es nirgendwo in Netz eine angebrachte Lösung für mein immer wiederkehrendes Problem gab, habe ich mich inzwischen mehr als anderthalb Jahre mit der Aufzucht des afrikanischen Blauregens (Bolusanthus Speciosus) befasst und habe mehr als 100 Samen dieses Baumes experimentell verpflanzt.
Was ist der afrikanische Blauregen?
Der afrikanische Blauregen (Bolusanthus Speciosus oder Glyzinienbaum) ist ein Laubbaum und gehört zur Familie der Leguminosen (Fabaceae oder Leguminosae). Er ist (wie der Name bereits verrät) nicht in Europa heimisch und ist daher nur bedingt bis gar nicht frostfest. Er kann in der Natur ca. 12m Höhe erreichen, seine Blätter können dabei bis zu 30cm lang werden. Er trägt schöne Blüten (lila bis blau) aus denen später bohnenartige Schoten mit jeweils 3-8 Samen entstehen. Die Samen ähneln winzigen Kidneybohnen, sind im trockenen Zustand beige, werden aber beim einweichen dunkelbraun. Meiner Erfahrung nach ist es eine echte Diva unter den Bäumen, da er sehr sehr sehr empfindlich auf Änderungen des pH-Wertes sowie Düngung reagiert. Staunässe ist für dieses Prachtstück quasi sofort tödlich.
Warum ausgerechnet der afrikanische Blauregen?
Um ganz ehrlich zu sein, waren die Bilder dieses Baumes so beeindruckend, dass ich beschlossen habe es soll mein erster Misho-Bonsai werden. Auch konnte ich bei der Suche nach einem mehrjährigen Baum in Netz nicht fündig werden. Nicht zu vergessen, dass wir mitten in einem COVID-Lockdown waren. Es wäre ja nicht so, dass ich ja so viel anderes zu tun hatte.
Was ist mit meinen Pflanzen passiert?
Zuerst kaufte ich die billigsten Samen bei eBay die ich finden konnte. Ich befolgte die Anleitung, wartete wochenlang und es passierte kaum was. Die Samen stellte ich für 24 Stunden ins Leitungswasser, pflanzte sie wie in der Anleitung beschrieben in Anzuchterde. Ca. 3-5 Samen sind so gekeimt. Was mir direkt auffiel, war das manche Samen hell und klein blieben, während andere dunkel und groß wurden (innerhalb der 24 Stunden). Nach ca. 3 Tagen habe ich die Samen wieder aus der erde geholt um zu sehen was passiert ist. Alle von ihnen waren dabei zu keimen, es ragte bereits ein 1mm langer heller Keim aus dem Samen. Dieser steuert konsequent nach unten, hierbei scheint es sich um die Wurzelspitze zu handeln. Nach 5 weiteren Tagen ragte morgens die Bohne aus der Erde, abends war die Hülse abgefallen. Dabei kamen die noch Gelben und sehr dicken Keimblätter zum Vorschein. Diese wurden nach ca. 3 Tagen Grün. Nach 5 weiteren Tagen war ein neuer Trieb zwischen den beiden Keimblättern zum Vorschein gekommen, der eine Auswuchtung an einer Seite hatte, bei der es sich scheinbar um ein neues Blatt handelte. Dieser Vorgang widerholte sich alle 5 Tage, bis auf ein mal jeweils 3 Blätter erschienen. Als die Pflanzen ca. 8cm groß Waren (ca. 2 Monate alt) stellten sie plötzlich das Wachstum ein. Ich habe Dünger sehr stark verdünnt (ca. 1/3 der empfohlenen Dosis) und hinzugegeben. Auch nach 14 Tagen passierte nichts, außer dass die Pflanzen anfingen leicht durchzuhängen. Ich habe diese ausgebuddelt und konnte sehen, dass die ohnehin schon sehr dünne Wurzel weggegammelt war. Die Pflanzen habe ich versucht mit Kohle und destilliertem Wasser zu Retten, nach 4 Wochen sind alle eingegangen.
Das enttäuschte mich und ich wollte Wissen warum das Passiert ist. Ich habe weder zu viel gewässert, noch habe ich den Nährstoff/ Mineralgehalt des Wassers überstiegen. Ich habe ein Nährstoffarmes Substrat gewählt, vorher durchgemessen. Das Substrat war sterilisiert, genug Drainage sowie eine konstante Luftfeuchtigkeit herrschten in meinem Anzuchtkasten.
Dabei bin ich auf viele Botaniker im Netz gestoßen die predigen, dass man Pflanzen genau so halten soll wie sie in der Natur wachsen.
Demnach braucht der Bolusanthus einen sehr durchlässigen Boden, mit guter Drainage sowie Wasser von unten, darin gelöst die Nährstoffe. Es ist also möglich, dass mein Substrat zu nass war, zu viel Mineralien hatte und nicht genügend Luft an die Wurzeln gelassen hat.
Parallel zu meiner ersten Anzucht hatte ich mehrere andere Versuchsreihen gestartet. Beispielsweise wuchsen die Pflanzen die ich 48 Stunden im Wasser gelassen habe deutlich besser und die Keimrate war doppelt so hoch. Samen die ich im destillieren Wasser eingeweicht habe wuchsen noch besser. Samen die ich bis zum Braun werden im Wasser gelassen habe keimten fast alle. Somit war klar anfangs viel Wasser, später sehr wenig.
Auch bezüglich der Nährstoffe und Substrate hatte ich viele verschiedene Testreihen, allerdings möchte ich das an dieser Stelle abkürzen und zu meiner "Alter... wenn das nicht klappt, dann klappt garnix" Anleitung kommen.
Die Anzuchtanleitung (Perfektioniert)
___1. Die Wahl der Samen:
Bei der Wahl der Samen solltest du nicht die billigsten nehmen. Ich kaufe seit dieser Versuchsreihe nur noch Saflax Samen. Wenn du nicht sofort alle verpflanzen möchtest, kannst du die übrigen kühl und trocken lagern.
___2. Samen vorbereiten und einweichen
Um die Keimfähigkeit zu erhöhen, solltest du den Samen ganz leicht (damit meine ich wirklich minimal) anschleifen. Hierzu nimmst du ganz feines Schmirgelpapier und fährst vorsichtig mit den Kanten der Bohne über das Papier, bis minimale Schmirgelspuren sichtbar sind.
Danach werden die Samen in einen Becher oder en anderes Gefäß mit destilliertem Wasser gepackt. Das Gefäß wird auf die warme Heizung gestellt. Die Samen verbleiben in diesem Becher bis sie braun und groß werden oder bis ein kleiner Keim Sichtbar ist. Alles Was nicht groß wird, darf gerne nochmal nageschliffen und wieder ins Wasser getan werden. Alles was nach 2 Wochen im Wasser seine Form nicht verändert, wird eh nicht keimen.
___3. Substrat vorbereiten
Als Substrat funktioniert Fibotherm am besten. Fibotherm ist eigentlich ein Baustoff ist aber wenn man es genau betrachtet nichts anderes als Seramis(Blähton) nur besser und günstiger. Dies bekommt ihr im Baumarkt oder im Baustoffhandel. 50L Fibotherm 1-5mm kosten ca. 12€ und man kann es später Weiterverwenden. Fibotherm hat keine organischen Bestandteile die sich zersetzen und fördert somit nicht die Wurzelfäule eurer Pflanzen. Zudem speichert es nur so viel Wasser, wie für eure Pflanze gut ist.
Das Fibotherm kommt in ein Sieb und wird mit kochendem Wasser ausgewaschen.
___4. Das Anzuchtgefäß
Als Anzuchtgefäß verwende ich biologisch-abbaubare Anzuchttöpfe aus Pappe(ich denke zumindest, dass es Pappe ist). Diese bekommen eine Plastikschale daruntergesetzt, sodass man das Wasser von unten geben kann.
___5. Die Samen einpflanzen
Ihr füllt das Fibotherm bis ca. 2cm unterhalb der Oberkante eurer Töpfe auf. Der Samen wird vorsichtig aufgelegt, 1cm hoch mit Fibotherm bedeckt. Danach sprüht ihr am besten vorsichtig destilliertes Wasser von oben auf das Gefäß, bis das Fibotherm sowie der Topf sichtbar nass sind aber nicht unten durchtropft. Unser Gefäß samt der Plastikschalle wird in einen Passenden Gefrierbeutel gesteckt, der Beutel wird verschlossen und auf eine Heizung gestellt. Sobald die Bohne oder die Keimblätter durch die Oberfläche sichtbar sind, entfernst du die Tüte und stellst dein Gefäß an einen hellen warmen Ort.
___6. Das richtige Klima
Gegossen werden die Keimlinge nur von unten mit destilliertem Wasser, du solltest zumindest 1x am Tag mit destilliertem Wasser und einer Sprühflasche die Blätter befeuchten. Die Bäume brauchen viel Licht, sollten allerdings die pralle Mittagssonne nicht direkt abbekommen. Warm und Feucht mögen sie gerne, daher kannst du ihnen eine durchsichtige Tüte drüberziehen. Diese muss regelmäßig entfernt werden, da deine Pflanze ja auch CO2 zum Wachsen braucht. Das Wasser in der Schüssel sollte nie höher als 2mm stehen (sonst Schimmel am Topf!).
___7. Düngen
Nach ca. 6 Wochen haben die Wurzeln meiner Pflanzen das Gefäß durchdrungen. Dies bedeutet Wachstum aber auch Bedarf an Nährstoffen. Alle 3 Tage bekommen meine Pflanzen eine stark verdünnte Lösung aus destilliertem Wasser und einem organischen Dünger. Ich nehme bei Jungpflanzen in Fibotherm immer 1/3 der Herstellerangabe. Fibotherm beinhaltet kaum/keine Nährstoffe, diese müssen also zwingend zugeführt werden. Es ist stets zu bedenken, dass die Pflanzen nach dem Umtopfen ca. 2-3 Wochen lang nicht gedüngt werden dürfen und nur mit Regenwasser oder destilliertem Wasser gegossen werden. Nach dem Umtopfen dürft ihr eure Pflanze auch ganz Normal nach Draußen stellen sobald keine Fröste mehr zu erwarten sind.
Schlusswort:
Ich hoffe einigen von euch kann das helfen nicht komplett zu verzweifeln. Solltet ihr natürlich Verbesserungen oder Fragen haben, teilt sie mir bitte mit. Die 4 Frischlingen unten im Thread sind meine jetzige Anzucht, das Bild ist grade quasi 10 Minuten alt. Die Frischlinge habe ich am 06.11.21 morgens ins Wasser getan, es sind 4 meiner derzeit 8 Pflanzen aus einem 10er Samenpack (sie sind alle gekeimt, allerdings "nur" 8 von 10 gewachsen).
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie mit meiner hiermit erteilten Genehmigung behalten
